Entscheidung des BGH zu den Voraussetzungen für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Auftragnehmers bei Behinderungen und Verspätungen in der Bauausführung sowie zu den Voraussetzungen an eine wirksame Behinderungsanzeige und den notwendigen Sachvortrag im Klageverfahren.

BGH Urt. v. 24.02.2005, Az. VII ZR 141/03:

Die Frage, ob eine Pflichtverletzung des Auftraggebers zu einer Behinderung des Auftragnehmers geführt hat, betrifft die haftungsbegründende Kausalität und damit den konkreten Haftungsgrund. § 287 ZPO ist insoweit nicht anwendbar (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 20. Februar 1986 – VII ZR 286/84, BGHZ 97, 163).

Nimmt der Auftraggeber das Angebot des Auftragnehmers auf Abschluss eines Bauvertrages mit der Maßgabe an, dass eine neue Bauzeit festgelegt wird, gilt das als Ablehnung, verbunden mit einem neuen Antrag auf Abschluss des Vertrages mit im übrigen unveränderten Bedingungen. Dieser Antrag kann dadurch angenommen werden, dass der Auftragnehmer mit dem Auftraggeber einen auf die neue Bauzeit abgestimmten Bauzeitenplan vereinbart.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Nach § 6 Nr. 6 VOB/B hat der Auftragnehmer Anspruch auf Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens, wenn der Auftraggeber eine Behinderung der Bauausführung zu vertreten hat. Entgangener Gewinn kann nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit verlangt werden.

Der Auftragnehmer hat in einem Prozess unter anderem schlüssig darzulegen, dass er durch eine Pflichtverletzung des Auftraggebers behindert worden ist. Der Senat hat bereits in seinem ersten Urteil in dieser Sache darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich nicht ausreicht, eine oder mehrere Pflichtverletzungen vorzutragen. Der Auftragnehmer muss vielmehr substantiiert zu den dadurch entstandenen Behinderungen seiner Leistung vortragen. Dazu ist in der Regel eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung unumgänglich. Demjenigen Auftragnehmer, der sich durch Pflichtverletzungen des Auftraggebers behindert fühlt, ist es zuzumuten, eine aussagekräftige Dokumentation zu erstellen, aus der sich die Behinderung sowie deren Dauer und Umfang ergeben. Ist ein Auftragnehmer mangels einer ausreichenden Dokumentation der Behinderungstatbestände und der sich daraus ergebenden Verzögerungen zu einer den Anforderungen entsprechenden Darstellung nicht in der Lage, geht das grundsätzlich nicht zu Lasten des Auftraggebers (Urteil vom 21. März 2002 – VII ZR 224/00, BauR 2002, 1249 = NZBau 2002, 381 = ZfBR 2002, 562).

Die Behinderung ist die Grundlage der Haftung aus § 6 Nr. 6 VOB/B. Erst ihre Beschreibung nach Art und Umfang ermöglicht eine sachgerechte Auseinandersetzung. In der Regel erlaubt nur die genaue Darstellung einer Behinderung die Beurteilung, inwieweit eine Anzeige nach § 6 Nr. 1 VOB/B erforderlich oder wegen Offenkundigkeit entbehrlich war. Denn regelmäßig lässt sich nur daraus ableiten, inwieweit der Auftraggeber informationsbedürftig war. Die Behinderungsanzeige muss die Tatsachen enthalten, aus denen sich für den Auftraggeber mit hinreichender Klarheit die Gründe der Behinderung ergeben. Der Auftragnehmer hat die Angaben zu machen, ob und wann seine Arbeiten, die nach dem Bauablauf nunmehr ausgeführt werden müssten, nicht oder nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 – VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32, 35). …

Die vom Berufungsgericht angeführten Gründe rechtfertigen die Beurteilung, dass der Vortrag der Klägerin nicht schlüssig ist. Zu Recht vermisst das Berufungsgericht widerspruchsfreie detaillierte Angaben dazu, aufgrund welcher Planverzögerungen welche vorgesehenen Arbeiten nicht durchgeführt werden konnten und wie sich die Planverzögerungen konkret auf die Baustelle ausgewirkt haben. Der Senat hat in seinem ersten Urteil darauf hingewiesen, dass diese Darstellung notwendig ist, weil die Klägerin jedenfalls teilweise gearbeitet hat, ohne dass die freigegebenen Schal- und Bewehrungspläne vorlagen. Die von der Klägerin vorgenommene Darstellung mit Plangruppen von Vorabzugsplänen, Vorabplänen und freigegebenen Plänen ermöglicht zum großen Teil keine Einordnung in die in den Balkenplänen dargestellten Zeitabläufe. Es fehlt weitgehend an einer ausreichend konkreten Zuordnung der für den tatsächlichen Bauablauf erheblichen Planverzögerungen zu ausreichend verdeutlichten konkreten Behinderungen.

Hinweis: Ergeben sich Verzögerungen in der Bauausfü:hrung ist unbedingt umgehend in schriftlicher Form gegenüber dem Auftraggeber die Behinderung anzuzeigen und mitzuteilen, wie sich die Behinderung zeitlich auf die Bauausführung auswirkt. Die Behinderungsanzeige und ihr Zugang müssen in einem späteren Klageverfahren dokumentiert werden können.

Baurecht BGH Urt. v. 24.02.2005, Az. VII ZR 141/03